„Nöckis Newsletter“ ZWÖLF
Willkommen, Bienvenue, Welcome
 
zu mehr oder weniger flotten Bemerkungen, taufrischen Artikeln
und ganz persönlichen Beobachtungen auf der Reise des Lebens.
Streiflichter
Der schlimmste Job Irlands
 
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„Allgemeine Plackerei“ und „den Boss in Watte packen“ – für diese und andere Tätigkeiten sucht die irische Billigfluggesellschaft Ryanair einen neuen Mitarbeiter. Michael O'Leary ist nicht nur exzentrischer Chef, sondern auch ein verrückter Vogel. Kein Interview kommt ohne markige Sprüche aus, Provokationen sind an der Tagesordnung. Mal denkt er laut darüber nach, seine Passagiere für die Toilettenbenutzung zahlen zu lassen, mal will er die Sitzplätze abschaffen, um mehr Menschen in den Flieger zu bekommen. Für Aufmerksamkeit ist dem Iren nichts zu blöd.  
 
Nun sucht O'Leary also einen neuen Assistenten. Gesucht wird ein „kluger, ambitionierter, qualifizierter Buchhalter", der Ryanairs „missverstandenen, aber geliebten CEO" in einer Vielzahl von Finanz-, Bilanz- und Steuerdingen unterstützt. Zu den Eigenschaften, die der Kandidat oder die Kandidatin unbedingt mitbringen sollte, zählen ein „dickes Fell, engelsgleiche Geduld, eine eigene Sammlung von Kinderliedern sowie die Fähigkeit ohne Schlaf oder Kontakt zur Außenwelt auszukommen“. 
 
Die Bewerbungsfrist für das Amt des Präsidenten-Assistenten läuft bis zum 18. November, denn diesmal scheint es O’Leary trotz aller Albernheiten doch ernst zu meinen. 
Und wenn nicht, dann hat er es jedenfalls mal wieder geschafft, in der touristischen Welt Schlagzeilen zu machen. Sogar bei mir. Darauf ein Guinness. Slainte!
Sein geheimes Hobby: Trekking

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Donald ist ein bärenstarker Typ: Abenteurer, Weltenbummler, Frauenheld, Sprücheklopper, Hairstylist. Wie der schon Urlaub macht! Im vergangenen Jahr war er in der Wüste Nevada. Ganz allein auf seiner neuen Harley Davidson. Gleich am ersten Tag ist er mit seiner Maschine einen supersteilen Abhang herunter gestürzt – was bei seinem verwegenen Fahrstil ja auch kein Wunder ist – und in der Einsamkeit verletzt liegen geblieben. Wegen eines Trümmerbruchs im Knie konnte er sich kaum rühren. Er lebte dann vom Saft der Kakteen, von Wurzeln und Insekten und verspeiste, schon halb verhungert, auch kleine rohe Eidechsen. Erst nach sechs Tagen wurde er zufällig gerettet, stark ausgetrocknet. 

Die gesundheitlichen Folgen sind noch immer schwer einschätzbar. Nächstes Jahr hat Donald noch verwegenere Pläne: Von Washington über Cape Canaveral will er auf den Mond geschossen werden. One way.
Sex, Drugs und Journalismus

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Welch ein Vergnügen! Helge Timmerberg (64), für mich der beste Reiseschreiber Deutschlands, stoppte in Solingen und fesselte seine Zuhörer fast drei Stunden lang mit Erzählungen aus seinem ziemlich wilden Leben zwischen Bielefeld, Havanna und dem Himalaya.

In den Achtzigern und Neunzigern war er Top-Mann bei Stern, Tempo, Playboy, Konkret, Bunte, Die Zeit, Geo undundund. Als ich vor Jahren erstmals seine Stories von unterwegs las, fing ich an, die guten Sätze zu unterstreichen. Bald war die Hälfte des Buchs unterstrichen. Und dann schaute ich mir die restlichen Sätze an und stellte fest, dass die eigentlich auch richtig gut sind. 

Helge ist der Größte. Literarisch gesehen. Sein Lebenswandel ist eher fürs Eigenmarketing vorteilhaft, denn auch wegen seines Drogenkonsums ist er beliebter Gast in TV-Talkshows. Fest steht: Hemingway empfahl, nüchtern zu recherchieren und  mit Whisky zu schreiben. Steven King suhlte mit Kokain in Horrorvisionen und hämmerte sie auf Kokain runter. Charles Bukowski brauchte Bier, Bier, Bier. Und Helge Timmerberg kifft wie Novalis, Schiller und Hesse. 

Der Kollege war nie Pauschaltourist. Er traf Menschen, denen andere nie begegnen. Und er schrieb packende Reportagen ohne Tabus, voller Humor, mit Tiefgang.  

Seine Basiscamps in der Welt liegen in St. Gallen und Wien. Nach seiner Lesetour will er mit seiner Lebensgefährtin wieder nach Indien. Dorthin, wo vor 45 Jahren eine Stimme zu ihm sagte: Du musst Journalist werden. 

Meine Empfehlung: Interview mit Helge Timmerberg. Hier einfach anklicken: Link
Seine letzte Reise

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„I’m ready my Lord“ raunt der alte Mann auf seinem letzten Album. „Ich bin bereit für die letzte große Reise.“ Da läuft einem gleich eine Gänsehaut über den Rücken. Gestern dann die Gewissheit seiner Vorahnung: Leonard Cohen ist angekommen am Ziel seines Hierseins. Der düstere Poet der Sehnsucht, faszinierender Schriftsteller und mit Bob Dylan einer der größten Songschreiber aller Zeiten (sicherlich der größte, wenn es um die Liebe geht) ist tot. Mit Menschen wie ihm und was sie uns bedeuten, geht auch ein gutes Stück  unseres eigenen Selbst. 

Die späten Sechziger Jahre, Memories: Das Herrlichste der Gefühle war ein Date mit einer entflammbaren Frau – bei ihr zuhause. Doch immer, wenn ich mit Lambrusco, Schokolade und voller Herzklopfen in ihre Gemächer trat, war ein Mann schon da: Leonard Cohen, der Meister des intimen Nuschelns. „Suzanne takes you down to the boat near the river.“ Mit ihm verbinde ich viele zärtliche Abfuhren. Leonard sang, als man sich das erste Mal total verliebte und die Liebe verlor und es weh tat. Und er war dabei, als man sich wieder verliebte und sich vornahm, dieses Mal vorsichtiger zu sein auf der Reise des Lebens und es doch nicht schaffte.

Acht Jahre haben Marianne Ihlen und Leonard Cohen auf der griechischen Insel Hydra zusammengelebt. Cohen widmete ihr die drei schönsten Lieder der Welt: „Bird On A Wire", „Hey, That's No Way To Say Goodbye" und „So Long, Marianne". Aber die Liebe, sie währte nicht, und so trennten sich die beiden. Als Cohen vor einigen Monaten hörte, dass Marianne an Krebs erkrankt war, schickte er ihr eine Nachricht ans Sterbebett: „Du weißt, wie sehr ich dich geliebt habe. Ich wünsche Dir eine gute Reise. Auf Wiedersehen, alte Freundin, am Ende der Straße." 

Am 28. Juli 2016 starb Leonards frühere Gefährtin. Jetzt ist er ihr gefolgt. 

Goodbye and thank you, Leonard. Man sieht sich.
„Aspekte" als Zeichen der Solidarität

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158 Journalistenkollegen sitzen in der Türkei in Haft, Meinungs- und Pressefreiheit existieren praktisch nicht mehr. Noch erscheint die letzte regierungskritische Tageszeitung „Cumhyriet“. Der frühere Chefredakteur Can Dündar ist zur Fahndung ausgeschrieben und lebt im Exil. Heute früh , kurz nach Mitternacht, war er Co-Moderator im deutschen Fernsehen bei „Aspekte“.

In einem seiner bewegenden Beiträge sprach er mit Edzard Reuter, der seine Kindheit als Flüchtling vor den Nazis in der Türkei verbrachte. „Sehen Sie da Parallelen?" will Dündar wissen. Reuter antwortet: Was in der Türkei derzeit vor sich gehe, erinnere ihn „an die Anfangsjahre der Nazizeit in Deutschland. Diese gespenstische Stimmung der Angst, die überall spürbar ist."

Diese Sendung war eine Sternstunde des Journalismus, der Demokratie, der Freiheit der Kunst, Wissenschaft und der Medien. Ein Manifest des Widerstands gegen Unterdrückung und Willkür der Regierung Erdogans in der Türkei und auch Orbáns in Ungarn. 

Im Multimedia-Angebot des ZDF finden Sie "Aspekte" als Video on demand und können sich so die Online-Wiederholung anschauen. Es lohnt sich. Sehr.
Liebe newsletter-Freunde,

Mein Klugscheißerspruch der Woche: Auf Dauer lässt sich Wahrheit weder verschleiern noch unterdrücken. 

Immer eine gute Reise wünscht
Rolf Nöckel
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Rolf Nöckel - Reisejournalist
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