Rolf Nöckel - Reisejournalist

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Willkommen, Bienvenue, Welcome

zu mehr oder weniger flotten Bemerkungen, taufrischen Artikeln und ganz persönlichen Beobachtungen auf der Reise des Lebens.

 

Stellen Sie sich das mal vor, meine Damen: 

Ihr Ehemann schmeißt zu Ihrem Geburtstag eine große Party. Er würde dazu nicht nur Ihre engste Familie und die besten Freunde einladen, sondern auch seine Exfrau. Sie würden mit ihr gemeinsam die Tanzfläche rocken zur Musik seines Sohns aus erster Ehe. Das Ganze in märchenhafter Kulisse wie im Elvis-Presley-Klassiker „Heiße Nächte in Las Vegas“ auf dem Landsitz von Rolling-Stones-Gitarrist Ron Wood in England. 

Sie können sich das nicht so richtig vorstellen? Dann heißt Ihr Mann auch nicht Boris Becker…

Ja, der deutsche Tennisheld ist in dieser Woche wieder einmal Mittelpunkt in Bunte und Gala und TV-Klatsch. Alle Sportanhänger, die ihn einst begeistert bei seiner Tenniskarriere begleitet haben, erinnern sich mit Wehmut an den Kämpfer Boris, der mit Hechtsprüngen und Emotionen, Können und Willen die Tenniswelt in aller Welt faszinierte. 

Spätestens seit der „Besenkammer-Nummer“ aber nahm der Lebensweg des Boris Becker oft sonderbare Abzweigungen. Die Boris-Schlagzeilen änderten sich radikal.
Was bleibt, sind die Erinnerungen an eine tolle Zeit im deutschen Tennis. Millionen Menschen planten bei großen Turnieren oder Daviscup-Kämpfen ihren Tagesablauf nach Boris-Matches. Und die konnten schon mal vier, fünf Stunden dauern.

Heute freuen wir uns riesig, dass die deutschen Kicker bei der Europameisterschaft gegen Italien im Elfmeter-Krimi die Nase vorn hatten. Vom aktuellen Wimbledon nehmen nur hartgesottene Fans noch Notiz. Immerhin hat es bei den deutschen Männern ein Spieler in die dritte Runde geschafft. Alle anderen sind an den ersten Tagen bereits ausgeschieden. 

Boris gewann das bedeutendste Tennisturnier der Welt dreimal – 1985, 1986 und 1989. Vor 27 Jahren war ich mit drei ziemlich besten Kollegen von der Westdeutschen Zeitung dabei. Wie alle echten Fans mussten wir Schlange stehen, weil jeder nur ein persönliches Tagesticket am Kassenhäuschen kaufen durfte. Die öffneten aber erst auf die Sekunde genau um elf Uhr. Very British.

Die Besucherschlange vor den Ticketbuden waren mehr als einen Kilometer lang. Das erforderte eine gute Taktik… 

 

Memories: Wimbledon 1989 

Vier Sportverrückte auf Männertour. Eine Woche London hardcore.

Programm:
ein Tag Tennis, ein Tag Sightseeing - mal Boris und Steffi, mal BuckinghamPalace und Piccadilly Circus.

Ernährung:
heute Hot Dogs und Bier am Center Court, morgen Peking-Ente undReiswein in Chinatown. 

4.15 Uhr. Good morning, Britain! Der Wecker bimmelt. Aufschlag Deutschland. Duschen und viermal Kaffeepulver mit Heißwasser aus dem bollernden Tauchsieder.
4.45 Uhr. Taxi zur Church Road. Der Tommy am Steuer wundert sich: Crazy Germans.
5.10 Uhr. Schlange stehen. Vor uns liegen 400 bis 500 Tennis-Fans, die im Nieselregen auf der Straße übernachten.
6.20 Uhr. Die Zeitungsjungs sind da mit den latest news. Diskussionen mit Schweden vor uns (Edberg, der Eisberg) und Amis hinter uns (Wo ist denn Euer kleiner Agassi?). Vorteil Becker.
7.30 Uhr. Vier triefende Cheeseburger in Pappbrötchen mit lauwarmem Beuteltee zum Breakfast auf dem Bürgersteig.
9.30 Uhr. Der Regen hört auf, die Stimmung steigt. Kondition: wonderful.
11.00 Uhr. Die Kartenhäuschen öffnen. Starke Bewegungen in der Schlange. Tennisfieber! 
12.10 Uhr. Jubel und Umarmungen! Vier Sitzplatztickets für Court One. Come on, Boris!
20.30 Uhr. Drei tolle Matches mit großen Siegern: John McEnroe, Martina Navratilova und klar, der Leimener. „Game, set and match Becker.“
21.00 Uhr. Zurück in die City mit der U-Bahn. 
21.45 Uhr. Fachsimpeln im Pub. Dazu vier große Pints Bier.
23.00 Uhr. TV-Time im Hotelzimmer. BBC zeigt das Match of the Day. Ein letzter Becker-Hechtsprung.
00.10 Uhr. Good night, Die Müdigkeit siegt. Groggy, aber glücklich.

Es war einmal: 
Wimbledon 1989 bescherte der Sportwelt mit Boris Becker und Steffi Graf gleich zwei deutsche Champions – und big points for big boys. 

 

Reisezeit: Sommerferien in Deutschland. Künstlerische Verfremdung.

 

Jahrestag für THOMAS KOCH 

Sie kennen Herrn Koch nicht persönlich? Kein Wunder – er wurde vor mehr als zwei Jahrhunderten in England geboren und ist schon länger auf seine letzte große Reise gegangen. Außerdem dürfte sein Name als englisches Original besser bekannt sein: Thomas Cook. 

Vor 175 Jahren (genau am 5. Juli 1841) organisierte Cook eine Eisenbahnreise für 570 „Aktivisten der Abstinenzbewegung“ von Leicester ins nahegelegene Loughborough zum Sonderpreis von einem Schilling pro Person. Diese Extrafahrt, eine Bahnfahrt 3. Klasse ohne Sitzgelegenheit in offenen Waggons, wurde nicht zum Sightseeing oder Geldverdienen organisiert, sondern sollte die Menschen weg von der Gin-Flasche und hinaus an die frische Luft bringen. „Menschen mit Menschen und Menschen mit Gott verbinden“ war das Motto des Laienpredigers Thomas Cook. 

Im Reisepreis enthalten war neben der Hin- und Rückfahrt ein Schinkenbrot und eine Tasse Tee. Diese Reise markierte den Beginn des Massentourismus. Pauschalreisen nahmen ihren Anfang – ein Siegeszug im Tourismus bis heute.

Congratulations, Mr. Cook. Darauf ein Prösterchen mit Ingwertee!

 

Liebe Leser, freuen Sie sich auf den Endspurt unserer Fußballer. Genießen Sie Ihren Sommerurlaub - und überhaupt: 
Genießen Sie das Leben!

Herzliche Grüße und immer eine gute Reise.

Ihr Rolf Nöckel

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