ITALIEN Vom Luxus des toskanischen Landlebens
und einem irrwitzigen Pferderennen in Siena.
Ein Sonnenuntergang wie gemalt: Rechts thronen Zypressen, links zieht der dicke rote Ball eine glühende Spur durch den Swimmingpool. Langsam zerfließen die Hügel des Naturparks im sanft aufsteigenden Abendnebel. Fast schon zu kitschig, um wahr zu sein: Benvenuti in Toscana, willkommen in der Einsamkeit. Auf einem historischen Landgut in der Wildnis bei San Godenzo.
„Wetten, dass“ gleich nach dem Aufstehen
Buon giorno. Welch’ eine Ruhe! Durch das Schlafzimmerfenster hört man nur das Zwitschern der Vögel. Im Badezimmer knarzt das Jahrhunderte alte Gebälk. Durch die Brause fließt das Duschwasser abwechselnd kalt und plötzlich immer mal wieder brühheiß.
Dabei sind wir schon frisch und fit. Wochenlang hatte Charlott mich ärgern wollen: „Wetten, dass Du’s nicht schaffst, sofort nach dem Aufstehen mit mir in den Pool zu hüpfen – jeden Morgen?“ Ha, wär’ ja gelacht.
Es summt und brummt rund um den Frühstückstisch
Frühstück am alten Bauerntisch auf der Veranda zwischen riesigen Geranientöpfen. Es summt und brummt an diesem Sommertag, an dem die Temperaturen wieder an der 35-Grad-Marke kratzen werden.
Klitzekleine Eidechsen, Botschafter der Natur, huschen über die Natursteinmauer. Ein Schmetterling landet auf dem frischen Weißbrot.
Pecorino-Käse, Schinken, Kaffee. Und Erdbeermarmelade: „Passione per la frutta, amore per la vita“ steht auf dem Etikett. „Die Leidenschaft für Früchte ist eine Liebe für das Leben.“ Mmmh, lecker!
Trinie darf heute den Tagesablauf bestimmen. „Lasst uns so richtig faulenzen bei der Hitze. Lesen, schwimmen, Rommé spielen, lesen, Salat essen, lesen, schwimmen, Pasta essen. Dann zum Sonnenuntergang, wie immer.“ Welch ein Rhythmus! Alle sind einverstanden.
Kurztrip ins brodelnde Touristenleben
Am nächsten Tag geht’s nach Siena, ins brodelnde Touristenleben. Eine Pizza auf der Piazza del Campo, weltberühmt durch ein einmaliges Pferderennen: Zweimal im Jahr, im Sommer, verwandelt sich der Campo in eine Rennbahn – aber was für eine!
Stunden vorher rasseln in der Stadt Rüstungen, klirren Hellebarden, schwenken brave Familienväter riesige Fahnen.
Der eigentliche Höhepunkt am Abend dauert nur zwei Minuten. Dreimal müssen die Jockeys beim „Palio“ ihr Ross zum Sieg für ihr Stadtviertel um den glitschigen Stadtplatz jagen.
Das Siegerpferd bekommt einen Ehrenplatz beim Feiern
Doch welch ein Jubel hinterher! Auf offener Straße wird die ganze Nacht getafelt und getanzt. Und auf dem Ehrenplatz des Siegertischs sitzt – das Pferd!
Wer einmal mittendrin war in dieser überschäumenden Fröhlichkeit, wird den toskanischen Sommerkarneval nie vergessen.
Haltepunkt auf der Rückfahrt zum Ferienhaus ist die Festung von Montalcino.
Klassische Musik weht durch den Innenhof. In der Enoteca probieren wir ein Glas vom feinen Brunello-Wein und lassen uns dazu knackige, üppig belegte Wildschweinbrötchen schmecken – fantastico!
Oft und gern denke ich zurück. An die Badewette, die ich natürlich locker gehalten habe. An die herrlichen italienischen Momente im Sommermärchen. An Ferientage, süß wie Erdbeermarmelade: „Passione per la Toscana, amore per la vita.“
Erschienen im WZ - Reisemagazin am 12. Juli 2014: Ferien, süß wie Erdbeermarmelade