Deutsche Touristen gelten oft als pingelig, kulinarisch aber durchaus
als anpassungsfähig. Sie sind da erfreulich anders als beispielsweise
Holländer, Franzosen oder Italiener, die gleich am zweiten
Urlaubstag in der Fremde gern schon mal nach Frikandel, Croissants
oder Pasta verlangen.
Ja, germanische Globetrotter sind oft sogar bereit, auch einmal
extrem fremdartige Kreationen zu kosten: Krokodil-Steak in Australien
oder Schlangen-Chili in Thailand. Nur bei einer Mahlzeit, da
versteht der deutsche Urlauber keinen Spaß: beim Frühstück. Ich
auch nicht.
Kompromisslosigkeit in Sachen Morgenmahlzeit ist ja wohl auch
verständlich. So kurz nach dem Aufstehen muss sich der taumelnde
Mensch schließlich erst einmal vorsichtig in den neuen Tag hineintasten.
Magenreizende Kraftproben wie ölige Fischsuppe mit Zwiebeln in
Japan, sämiger Quark aus Wasserbüffelmilch auf Pfannkuchen in Sri
Lanka oder schleimiger Erbsenbrei in China müssen einfach nicht
sein. Mir reichen morgens schon „Blümchenkaffee”, frisches Brot
zum Stippen und ein gekochtes Ei, bitte so um die sechseinhalb
Minuten.
In einem kleinen indischen Hotel stieß ich vor Jahren auf völliges
Unverständnis, als ich morgens um halb sieben den Linsenbrei mit
Innereien verschmähte und höflich nach einem Hühnerei fragte.
Kopfschütteln. Schließlich malte ich mit einem Bleistift einen Eierbecher
mit Ei auf einen Zettel. Da lachte der Kellner und verschwand.
Freudestrahlend tauchte er nach rund einer halben Stunde wieder
auf und servierte mir – eine Kugel Vanilleeis in einem Teeglas.
Natürlich habe ich mich überschwänglich für seine große Mühe
bedankt und das Eis ausgelöffelt. Aber ohne Salz!
Erschienen in Clever Reisen 02/15: Mein Frühstücks-Ei